Der Synodale Weg

(Stand: 11.03.2023, 14:40)

Die V. Synodalversammlung des Synodalen Wegs in Deutschland hat zu meiner großen Freude (und auch zu meiner Überraschung) beachtliche Ergebnisse erzielt. Für den unermüdlichen Einsatz vieler Synodaler, für die geduldige Beharrlichkeit und das allermeist vorbildliche Miteinander bin ich sehr dankbar (Link zu den Dokumenten und Beschlüssen). Ein herzlicher Dank gilt auch der aktuellen und äußerst hilfreichen Berichterstattung unter katholisch.de (Zusammenfassung am dritten Tag).

Es ist eine große Chance, dass der Weg der Synodalität in der Katholischen Kirche in Deutschland nun mit der Einrichtung des Synodalen Ausschusses weitergehen wird. Das Momentum muss genutzt werden, denn den ersten Schritten müssen nun weitere folgen. Insbesondere das vertagte Papier zu “Gemeinsam beraten und entscheiden” verdient es, beschlossen und umgesetzt zu werden.

Die Beschlüsse zur stärkeren Beteiligung von Frauen in der Verkündigung und auch im Amt sind erste wichtige Schritte zur längst überfälligen Geschlechtergerechtigkeit. Die (alte!) Forderung der Öffnung des Diakonats für Frauen ist ein erster Ansatz. Auch die Vorsätze zum Umgang mit Menschen mit nicht-binärer geschlechtlicher Identität sind ein Fortschritt. Hier ist tatsächlich sehr viel geschafft worden – mehr als in den letzten Jahrzehnten! So weit waren wir tatsächlich noch nie! Der Jojo-Effekt ist zu Ende, hier geht es tatsächlich weiter in Richtung Zukunft, weil auch die überwiegende Mehrheit der deutschen Bischöfe mit an Bord ist und alle am gleichen Tau ziehen. Mit der wichtigste Beschluss betrifft die Segnung gleichgeschlechtlich liebender Paare. Hier geschieht eine pastorale Öffnung, die Auswirkungen auf die (falschen und daher zu ändernden) Aussagen des Lehramts (Katechismus) über Homosexualität haben wird.

Dass nun unter anderem die Segnung gleichgeschlechtlich liebender Paare aus der Ecke des “Inoffiziellen” herausgeholt und ein legitimer Teil der pastoralen Praxis der Katholischen Kirche in Deutschland wird, ist ein sehr wichtiger Schritt. Die Segensverweigerung ist theologisch äußerst problematisch (s. dazu meine 10 Thesen zum Thema “Segen in der Bibel“). Segnen, also den anderen Gottes Kraft zusprechen (in der Hoffnung, dass Gott diese Kraft verleihen möge, wobei Gott darin aber völlig frei ist, es zu tun oder nicht), ist das Selbstverständliche. Schön, wenn das Selbstverständliche nun auch offiziell möglich wird.

Im Zuge dieser Debatte ist mir jedoch ein Statement besonders unangenehm aufgefallen. Dr. Emeka Ani hat für sich reklamiert, für die “Kultur Afrikas” zu sprechen und hervorgehoben, dass es der afrikanischen Kultur entspreche, gleichgeschlechtliche Partnerschaften abzulehnen. Dem möchte ich entschieden widersprechen – und dabei liegt es mir fern, als Nicht-Afrikaner Afrikaner zu belehren. Ich spreche vielmehr als Mensch (aus Europa) zu Menschen (in Afrika). Keinem Menschen (egal auf welchem Kontinent oder mit welcher Hautfarbe) steht es zu, andere Menschen und ihre verantwortete Partnerschaft und Liebe sowie ihre geschlechtliche Orientierung und Identität abzulehnen oder gar diese Ablehnung zu einer “Kultur” und zu einem Identitätsmerkmal (identity marker) zu erheben. Gegen ein solches Denken und Sprechen muss ich im Namen der Menschheit widersprechen. Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist auf jedem Kontinent und unabhängig von der Hautfarbe unmenschlich und darf nicht zu einer “Kultur” stilisiert werden. Bischof Franz-Josef Overbeck hat in der Debatte reklamiert, dass er auf das schaut, was in Afrika gedacht und gesprochen wird, dass er aber auch in Anspruch nimmt, dass das umgekehrt geschieht und in Afrika wahrgenommen wird, was in Europa gefordert ist. Das ist richtig und wichtig. Ich gehe aber noch weiter und beanspruche, dass sich Europäer und Afrikaner bitte auf ihre gemeinsame Wurzel des Menschseins besinnen. Da aber die sexuelle Orientierung und Identität zum Menschsein gehört (und nicht frei gewählt oder “kulturell” bedingt ist), darf man daraus keine Frage der kulturellen Identität machen. Ich hoffe sehr, dass die weltkirchliche Debatte von dieser äußerst fragwürdigen Bezugnahme auf eine angebliche “afrikanische Kultur” der Ausgrenzung homosexueller Menschen und ihrer Partnerschaften wegkommt. Diskriminierung von Minderheiten, die aufgrund nicht selbst gewählter Differenzmarker (wie etwa Hautfarbe oder sexuelle Orientierung) sich von der Mehrheit abheben, geschehen leider überall auf der Welt – es muss entschieden widersprochen werden, dass Mehrheiten diese Formen der Diskriminierung zur “Kultur” erheben.

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